Zurück im Sattel: Dezperadoz- Call of the Wild

Die Cowboys melden sich zurück! Das neue Album von Dezperadoz erschien am 05.05.2017. Wir hören die Scheibe mit dem Titel Call of the Wild und bilden uns eine Meinung. Die Musik der Band bewegt sich grob im HardRock-Bereich, paart sich jedoch mit Klängen aus dem Wilden Westen. Das klingt nach einer guten Marketingstrategie, aber überzeugt es auch musikalisch? Lest hier, was euch erwartet!

 

Geheimnisvolle und mysteriöse Klänge erklingen im dreiminütigen Intro W.H. Bonney und heißen uns im Wilden Westen willkommen. Nachdem uns mit diesem gelungenen Intro die Salontür aufgehalten wurde, betreten wir eine Kneipe, in der ein wilder Umgangston herrscht: Mit Hell & Back zeigt uns die Band, wo die Reise hingehen soll. Die Gitarren verzerrt, der Rhythmus schnell und die Stimme ungefähr so proletenhaft wie der Bandname verspricht. Hier geht es heiß her!

Wer im ersten (Rock)Song das "gewisse Etwas", das den Song besonders macht, oder auch einfach nur eine gewisse Eingängigkeit vermisst hat, wird vielleicht bei Call of the Wild fündig. Los geht es mit einem schmetternden Gitarrenriff, das sogleich zum Mitwippen animiert. Die Gesangsmelodie im Refrain ist dann auch - wie versprochen - recht eingängig und lässt sich nach dem ersten oder zweiten Mal Hören leicht mitsingen - ebenso wie die nette Zeile "Mine is the anger, mine is the pain".

 

Im Silver City Shuffle werden wir auch musikalisch wieder daran erinnert, dass wir uns im Wilden Westen befinden. Doch nach einem kurzen Intro werden die Westernklänge natürlich sehr schnell wieder durch zerrige Gitarren ersetzt. Allemal ein gelungener Einstieg in den Song! Auch hier gefällt uns das Gitarrenriff und die Melodie im Refrain ist ebenfalls wieder schön eingängig.

600 Miles (The Escape) bringt etwas Abwechslung in die Platte. Er sorgt für etwas Ruhe - ohne wirklich durchgängig ruhig zu sein. Damit ist er für uns an dieser Stelle des Albums genau richtig platziert und bietet einige schöne und interessante Passagen.

 

Weiter geht es mit All the Long Way Home. Hier wird es tatsächlich ruhig. An sich eine schöne Songidee, unserer Meinung nach aber ein bisschen kitschig umgesetzt, und nach dem vorigen Song - der (wie erwähnt) bereits für etwas Abwechslung gebracht hat - hätte es an dieser Stelle nicht unbedingt einen solch balladesken Song gebraucht.

 

Auf die Ruhe folgt natürlich wieder der Sturm - zum Glück! Auch Bullets n' Bones (The House) wartet wieder mit einem kurzen Intro auf, das dann sehr schnell in gewohnt rockige Gefilde geleitet wird. Im Anschluss geht es weiter mit Lincoln County War (The Regulators). Stellenweise klingt der Sound im Mix etwas überladen, aber im Großen und Ganzen ist es der Band mit diesem Song sehr gut gelungen, das Setting (also den Wilden Westen) mit ihrer Rockbesetzung zu kombinieren. Ob einem der Song gefällt, ist natürlich Geschmackssache, aber die Idee hinter dem Song ist auf jeden Fall gelungen und trägt ebenfalls seinen Teil zur Mannigfaltigkeit der Platte bei.

 

Mit Mexican Standoff (Interlude) - wer hätte das gedacht - erwartet uns ein Interlude - in etwa im selben Stil, in dem schon der Introsong gehalten war. Das Interlude geht direkt über in den nächsten Song. Thirty Silver Dollars beginnt mit einer schönen, "westernen" Gitarrenmelodie. Auch hier gelingt der Band die Kombination zwischen Western und Rock'n'Roll sehr gut. Allerdings vermissen wir nun langsam doch wieder ein paar knalligere Riffs, wie sie uns zu Anfang des Albums präsentiert wurden. Nach dem dritten Mal klingt der Refrain ("Horse riding [...]" etc.) auch etwas geleiert - was vielleicht nicht so wäre, wenn zwischendurch mal wieder der Durst nach einem harten Rock-Riff gestillt würde.

 

Back in the Saddle (Hello Bob) steht allein schon wegen des Titels voll im Zeichen des Albums. Hier wird es auch endlich wieder schön rockig (natürlich erst nach einem kleinen Intro!). Vom Arrangement her gefällt uns besonders die Stelle, an welcher der Gesang das erste Mal einsetzt und die Instrumentierung etwas zurückgefahren wird.

 

Fandago ist schließlich ein weiteres Interlude, bevor uns Smile as My Last Day Ends - der letzte Song der Platte - präsentiert wird. Auch hier bleibt es wieder eher ruhig. Im Grunde handelt es sich bei diesem Song um eine Ballade, was für den Abschluss eines Albums durchaus möglich ist, aber auch etwas mehr Eingängigkeit hätte gebrauchen können (ohne natürlich zugleich an Kitsch zuzunehmen!).

 

Gefühlt haben wir viel zu Meckern gehabt - allerdings handelt es sich dabei mehr um Kleinigkeiten. Im Großen und Ganzen gefällt uns das Album sehr gut, weshalb wir für Call of the Wild von Dezperadoz eine Wertung von 8.5 vergeben. Insgesamt hätten wir uns vielleicht ein paar mehr Songs der härteren Schiene gewünscht (so wie zu Beginn des Albums) und dazu eine angemessene Gleichverteilung von härteren und softeren Liedern. Es waren jedoch einige Stücke dabei, die uns sehr gefallen haben. Schön finden wir vor allem, wie wir durch die Interludes und Songintros, die immer wieder "eingeworfen" werden, ständig daran erinnert werden, dass wir uns im Wilden Westen befinden. Innerhalb der einzelnen Stücke macht es uns gar nichts, wenn der Rocker volklommen zum Vorschein kommt und der Cowboy kurz in Vergessenheit gerät.